Der Raufusskauz – verborgener Jäger in unseren Bergwäldern

Der Raufusskauz ist ein kleiner Eulenvogel. Er wird 25 cm gross und hat eine Flügelspannweite von 60 cm. Die gelben Augen, umrahmt von einem schwarzen Ring, und die weissen Gesichtsscheiben verleihen ihm sein charakteristisches «verwundertes Aussehen». Vorwiegend in der borealen Taiga – also in der kaltgemässigten Klimazone – verbreitet, findet man ihn bei uns in den montanen und subalpinen Regionen, wo er (noch) die für ihn passenden klimatischen Bedingungen antrifft.

Durch sein geflecktes Gefieder und sein ausgeprägt nachtaktives Verhalten ist er im Gelände nur schwer auszumachen – es sei denn, man hört seinen charakteristischen Flötengesang, der zur Brutzeit ab Februar ertönt.

Der Raufusskauz ist ein Waldkauz, der seinen Lebensraum – vor allem Nadelmischwälder – nur selten verlässt. Er brütet in Höhlen, die der Schwarzspecht in alte Bäume gezimmert hat. Um den Zugang zu den Höhlen besteht zwischen den beiden Arten keine direkte Konkurrenz, da der Raufusskauz die Höhle meist erst dann bezieht, wenn der Schwarzspecht sie bereits verlassen hat.

Die Gelege umfassen drei bis neun Eier, die zwischen Ende März und April im Abstand von etwa je zwei Tagen gelegt werden. Dies erklärt, warum man in ein und demselben Nest Jungvögel in sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadien und Grössen finden kann – ähnlich wie bei den Dalton-Brüdern.

Als ausgesprochener Nachtjäger jagt der Raufusskauz vor allem Mäuse, Wühlmäuse und andere Kleinsäuger. Da er nahezu lautlos fliegt, kann er seine Beute überraschen. Der lautlose Flug wird durch die kammartige Struktur an der Flügelvorderkante ermöglicht, welche die Luftreibung und die Entstehung lauter Wirbel reduziert.

Schwankungen aufgrund des Angebots an Buchennüsschen

In unserer Region untersucht und dokumentiert eine Gruppe von Ornithologinnen und Ornithologen seit fast 30 Jahren den Bestand dieser Art. Die Anzahl der Nester variiert von Jahr zu Jahr stark und kann von mehr als 25 Nestern bis hin zu keinem einzigen Nest reichen. Die Schwankungen stehen in engem Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Buchennüsschen. Die Erklärung hierfür ist einfach: Je grösser die Anzahl von Buchennüsschen, desto grösser die Überlebenschancen der Nagetiere im Winter. Das grosse Beuteangebot wiederum lockt die erwachsenen Eulen an, die zur Brutzeit vermehrt bei uns auftauchen. In guten Jahren ist auch der Bruterfolg hoch, da die Küken von der Vielzahl an Nagetieren profitieren, die von beiden Elternvögeln fleissig gejagt werden.

Für das Folgejahr würde man dann eigentlich eine Bestandszunahme erwarten, doch das Gegenteil ist der Fall: Die Population geht zurück, weil die Jungvögel massenhaft abwandern und ein Teil der Altvögel in andere mitteleuropäische Gebirge zieht, wo es in diesem Jahr mehr Beutetiere gibt. Das charakteristische «uuü» ist in unseren frostigen Wäldern dann nur noch selten zu hören.

Langfristig zeigen diese Schwankungen jedoch einen allgemeinen Abwärtstrend – sowohl hier bei uns als auch in anderen Beobachtungsgebieten. Eine Erklärung für diesen Trend steht noch aus, aber für eine boreale Art ist die aktuelle Klimaentwicklung vermutlich nicht günstig.

Erfassung alter Bäume mit hoher Artenvielfalt

Im Naturpark Chasseral werden bei den Partnerwaldeigentümerinnen und -eigentümern wissenschaftliche Erhebungen zu den Habitatbäumen durchgeführt. Diese Bäume weisen eine grosse Vielfalt an Strukturen (Höhlen, Pilze, Totholz usw.) auf, die für die Artenvielfalt besonders förderlich sind. Zu diesen wertvollen Strukturen zählen auch die Schwarzspechthöhlen, die vom Rauhfusskauz bewohnt werden. Nach der Bestandsaufnahme bietet der Naturpark den Förstern an, diese Bäume mit einem blauen «H» zu markieren, damit sie bei den üblichen Holzerntearbeiten nicht versehentlich gefällt werden. Seit 2018 wurden auf diese Weise fast 200 Bäume mit Schwarzspechthöhlen geschützt – ein Grossteil davon wird jedes Jahr von den Ornithologinnen und Ornithologen auf den Raufusskauz hin untersucht.

Weitere Informationen zum Raufusskauz finden Sie auf der Website der Schweizerischen Vogelwarte Sempach.

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