Und immer wieder im Frühling ... kehrt die Mehlschwalbe zurück

Wenn es eine Vogelart gibt, deren Ankunft jedes Jahr mit Spannung erwartet wird, dann ist es die Mehlschwalbe – zuverlässig verkündet sie den Frühling. Weisser Bürzel und Bauch, schwarzer Rücken mit bläulichem Schimmer. Ornithologinnen und Ornithologen zählen die ankommenden Exemplare aufmerksam. In unserer Region sind die ersten Rufe der Schwalben in der Regel Ende März zu hören. Die Wintermonate haben sie in Afrika verbracht.

Dieser nur 20 Gramm leichte Singvogel unternimmt jedes Jahr eine beeindruckende Wanderung. Auf dem Hin- und Rückweg legt er täglich bis zu 800 Kilometer zwischen seinen Quartieren in Afrika – die sich vom Sahelgürtel bis nach Südafrika erstrecken – und Europa zurück, wohin er zur Brutzeit zurückkehrt.

Ein Maurer unter unseren Dächern

Die Mehlschwalbe nistet unter den Dachvorsprüngen von dörflichen Häusern und Bauernhöfen und baut ihre Nester aus Lehm und Speichel.  Als besonders gesellige Vogelart bauen Mehlschwalben ihre Nester oft dicht gedrängt und übereinander – ganz wie in einem Wohnblock voller Leben. In unserer Region sind solche natürlichen, übereinander gebauten Nester jedoch nur sehr selten zu finden. Das liegt insbesondere am Mangel an Lehm in der Umgebung der Gebäude. Und auch die immer seltener werdenden unbefestigten Wege sind ein Grund dafür. Das Anbringen von künstlichen Nistkästen kann diesen Mangel an Rohmaterial jedoch ausgleichen. Die Mehlschwalben kommen damit problemlos zurecht. Obwohl diese Nistkästen also in der Regel sehr gut angenommen werden, sind bei ihrer Anbringung einige Empfehlungen zu beachten. Sie müssen vor Witterungseinflüssen und Sonneneinstrahlung geschützt sein und einen hindernisfreien Zugang bieten. Daher sind nicht alle Gebäude geeignet. Detaillierte Empfehlungen finden Sie in der Broschüre «Unter einem Dach mit der Mehlschwalbe» der Vogelwarte Sempach.

Ein Aufruf zu Toleranz

Die Nähe zum Menschen ist für die Mehlschwalbe leider auch eine Gefahr. Ihr Kot verschmutzt Fassaden und den Boden (die Altvögel lassen den Kot der Jungvögel direkt aus den Nestern herunterfallen). Im Land der Sauberkeit ist hier Toleranz gefragt. Während manche Menschen sich sehr über Schwalben an ihrem Haus freuen – auch wenn sie damit riskieren, dass ihre Fassaden dann ein wenig wie Stracciatella aussehen – stören sich andere so sehr daran, dass sie die Vögel vertreiben, obwohl diese laut Gesetz unter nationalem Schutz stehen. Das ist eine echte Bedrohung für die Schwalben, die ihrer Kolonie treu sind und jedes Jahr zum selben Gebäude zurückkehren, um dort ihre Jungen aufzuziehen.

Mehlschwalben passen sich ständig an Veränderungen in der Landschaft sowie an die Ausdehnung bebauter Gebiete an. Sie sind Teil des Naturerbes unserer Dörfer. Wir sollten stolz auf sie sein und diese kleine Vogelart mit grösstmöglicher Sorgfalt schützen. Die Unannehmlichkeiten können zudem durch das Anbringen eines Holzbretts etwa 50 cm unterhalb der Nester deutlich reduziert werden. Diese charmanten «Hausbesetzer» sollten also einen kleinen, wohlverdienten Platz unter unseren Dachvorsprüngen finden dürfen.

Eine Schwalbe, aber welche eigentlich?

Die Mehlschwalbe ist nicht die einzige Schwalbenart, die durch unsere Landschaften fliegt. Die Rauchschwalbe hat einen viel stärker gegabelten Schwanz als die Mehlschwalbe und keinen weissen Bürzel. Ihre Kehle ist schwarz und rötlich, ihr Bauch oft beige – im Gegensatz zu dem der Mehlschwalbe, der genauso wie ihre Kehle strahlend weiss ist. Die Rauchschwalbe ist auch in Dörfern anzutreffen, jedoch fast immer in der Nähe von Ställen oder Scheunen, in denen sie ihre Nester baut. Die Nester der Mehlschwalben hingegen sind ausserhalb verschiedener Gebäude zu finden. In unseren Breiten gibt es ausserdem noch Uferschwalben und Felsenschwalben, allerdings viel seltener.

Der Mauersegler wird fälschlicherweise oft für eine Schwalbe gehalten. Er ist jedoch etwas grösser, fliegt geradliniger und seine Schwärme sind an ihren schrillen Rufen und dem schnellen Flug über und zwischen den Häusern zu erkennen. Er nistet unauffällig unter hervorstehenden Dachziegeln, in Hausritzen oder in eigens für ihn angebrachten Nistkästen. 

Zählungen mit Schulklassen

Um möglichst genaue Angaben über die Populationen der Mehlschwalben in unserer Region zu erhalten, organisiert der Naturpark in enger Zusammenarbeit mit Schulen das Projekt «Graines de chercheurs – erste Forschungserfahrungen» und führt Zählungen durch. Er bietet Schulklassen an, sich ein ganzes Schuljahr lang mit dem Thema «Schwalben» zu beschäftigen. Die Schülerinnen und Schüler lernen die Vogelart kennen, bauen Nistkästen und führen dann unter Anleitung des Naturparks und unterstützt von zahlreichen Freiwilligen eine Zählung durch. Diese wertvollen Daten werden anschliessend in der Datenbank der Schweizerischen Vogelwarte ausgewertet und dann den Gemeinden vorgelegt, um sie zu motivieren, die bestehenden Kolonien zu schützen und zusätzliche Massnahmen für deren Förderung zu ergreifen. Dieser Ansatz, welcher Sensibilisierung und konkrete Massnahmen miteinander verbindet, ist ein voller Erfolg: Im Jahr 2025 wurden acht Ortschaften von Schülerinnen und Schülern und sowie Freiwilligen untersucht.

Weitere Informationen zu dieser Vogelart: https://www.vogelwarte.ch/de/voegel-der-schweiz/mehlschwalbe/ 

Konkrete Fördermassnahmen für diese Vogelart finden Sie in unserem Themenblatt zu Gebäudebrütern (auf Französisch).

 

 

Foto: © Naturpark Chasseral – Fotografin Monika Flückiger

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