Der Mauersegler – Herrscher der Lüfte

Von allen Lebewesen ist der Mauersegler zweifellos am besten an das Leben in der Luft angepasst. Seine sichelförmigen Flügel, sein schlanker Körper und sein spitzer Schwanz machen ihn zu einem Musterbeispiel für Aerodynamik. Und das aus gutem Grund – denn er landet nur, um seine Eier auszubrüten. Sein restliches Leben verbringt er in der Luft. Mauersegler fressen im Flug Insekten, sie trinken im Flug, indem sie knapp über das Wasser gleiten, sie paaren sich im Flug und sammeln – ebenfalls im Flug – die Grashalme, die sie zum Nestbau benötigen.

Nachts zeigen sie ihre höchste Anpassungsfähigkeit an das Leben in der Luft: Sie schlafen während des Flugs! Wenn die schrillen Rufe dieser Vögel am Abend verstummen, dann haben sie an Höhe gewonnen und befinden sich über der Wolkendecke. Dort oben wechseln sie zwischen kurzen Gleitflügen und Ruhephasen, die als einseitiger Hemisphärenschlaf bezeichnet werden. Dabei schläft eine Gehirnhälfte, während die andere wach und aufmerksam bleibt.

Auch die Beine der Mauersegler zeugen von dieser bemerkenswerten Anpassung. Sie sind so klein, dass die Vögel weder auf einer Oberleitung noch einem Ast sitzen können – geschweige denn auf dem Boden. Allenfalls können sich die Vögel mehr schlecht als recht an einer senkrechten Wand festklammern.

Das Brutgebiet des Mauerseglers erstreckt sich über Eurasien, vom Atlantik bis hin zum Südchinesischen Meer. Das Winterquartier dieser Vögel liegt in Afrika und umfasst die Gebiete südlich der Sahelzone bis nach Südafrika. Manche Mauersegler nisten ganz im Osten in China oder der Mongolei und legen dann eine Strecke von fast 10'000 Kilometern zurück – natürlich ohne jemals zu landen. Diese Artgenossen verbringen mehr als zehn Monate im Flug ... 

Auf Gebäude angewiesen

Mauersegler sind genauso wie Mehlschwalben eng mit den Gebäuden unserer Städte und Dörfer verbunden, da sie dort brüten. Unter Dächern, hinter Bretterspalten oder in speziell angefertigten Nistkästen finden sie ihre Nistplätze. Erst im Alter von drei Jahren beginnen Mauersegler mit der Fortpflanzung, was für Singvögel sehr spät ist. Die Wahl eines Nistplatzes ist für sie ein langwieriger Prozess. Sie durchlaufen eine Phase, in der sie mehrmals an potenziellen Standorten vorbeifliegen, bevor sie sich schliesslich trauen, einen dieser Standorte zu betreten. In dieser Erkundungsphase wird die Eignung eines Standorts überprüft, ohne dass es zu einer Konfrontation mit allfälligen bereits vorhandenen Bewohnern kommt. Ist der Standort geeignet, bleiben die Mauersegler ihm über viele Jahre hinweg treu.

Der Mauersegler ist auf der Roten Liste der Vögel in der Schweiz als potenziell gefährdet eingestuft. Während die Bestände dieser Art in der Schweiz seit den 1990er-Jahren relativ stabil sind und zwischen guten und schlechten Jahren schwanken, verzeichnete Frankreich in den letzten zehn Jahren einen Rückgang um 40 %, während Grossbritannien zwischen 1995 und 2017 sogar einen Rückgang von 60 % meldete (Finch et al. 2017). Diese alarmierenden Zahlen lassen sich wahrscheinlich durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren erklären: den dramatischen Rückgang der Insektenbiomasse, die Zerstückelung des Lebensraums durch Infrastrukturen, klimatische Störungen während der Migration sowie den Verlust von Spalten und Hohlräumen an modernen oder aus energetischen Gründen renovierten Gebäuden, wodurch die Nistmöglichkeiten für den Mauersegler eingeschränkt werden.

Individuelle Massnahmen mit grosser Wirkung

Jede Privatperson kann einen Beitrag zum Erhalt dieser Art leisten – sei es durch die Pflege eines insektenfreundlichen Naturgartens oder durch das Anbringen von Nistkästen unter dem Dachvorsprung (siehe Themenblätter des Naturparks, auf Französisch). In unserer Region hat die Installation von mehreren Hundert, vielleicht sogar Tausenden von Nistkästen, die über Jahrzehnte von dem verstorbenen Roland Eggler angebracht wurden, massgeblich zur Bildung bedeutender Populationen in den Dörfern des Berner Jura beigetragen. Nun liegt es an uns, dieses Erbe zu bewahren, indem wir die besetzten Nistplätze erhalten – diese sind gesetzlich geschützt – und alte, unbrauchbare Nistkästen ersetzen. Das ist eine wichtige Aufgabe, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Privatpersonen und öffentlichen Institutionen erfordert. Ziel ist es, bei einer Gebäudesanierung um jeden Preis den Verlust von Nistplätzen zu verhindern. Besonders wichtig ist es, die Integration dieser Nistvogelarten in bestehende Bauwerke und bei der Planung neuer Bauvorhaben frühzeitig zu berücksichtigen.

Auffangsstation im Naturpark Chasseral

Der Verein Cormoiseau in Cormoret nimmt ehrenamtlich verletzte und geschwächte Vögel und Säugetiere auf, um sie wieder aufzupäppeln. Zu den Schützlingen dieser Auffangstation zählen jedes Jahr zahlreiche Mauersegler, darunter vor allem Jungvögel, die zu früh aus dem Nest gefallen sind. Nicht selten sind die hochsommerlichen Abende, an denen die Temperaturen unter den Dächern ins Unerträgliche steigen, Ursache für die verfrühten Flugversuche. Um dies zu verhindern, ist es essenziell, die Nistkästen so zu montieren, dass sie nicht der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind.

Weitere Informationen über diese Vogelart finden Sie auf der Website der Vogelwarte: https://www.vogelwarte.ch/de/voegel-der-schweiz/mauersegler/

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